Gemeinschaftsbund und Laienthema.
Der Gemeinschaftsbund wurde gegründet, um in Fragen gleichgeschlechtlicher Partnerschaften den traditionell denkenden Menschen in der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland eine Heimat zu bieten.
Einrichtungen und Werke, die (nur) ein Thema haben, droht eine Verengung und schließlich ein Aussterben, wie dies bei den Vertriebenenverbänden zu beobachten war. – Unabhängig davon: Diesem Bund können sich nun einzelne, Gemeinden, Bezirke usw. in der EmK anschließen.
Die Einrichtung ist ein Ergebnis der Prozesse des Runden Tisches, der nach den Beschlüssen der Generalkonferenz der Gesamtkirche (United Methodist Church, UMC) von 2019. Ein Auseinanderbrechen der Kirche mit dem Austritt entweder traditionellerer und fortschrittlicherer Menschen aus der Kirche hinaus soll verhindert werden. In Deutschland war der Tenor, beieinander zu bleiben. So schwierig und spannungsreich das sein und werden kann. Anders gesagt: Hierzulande bewegt sich die Gesamtkirche ein wenig in fortschrittlicher Richtung, gleichzeitig aber ist gerade der Gemeinschaftsbund gegründet, so dass auch die traditioneller Denkenden eine Heimat finden sollen.
Ein Gedankenexperiment…
Jetzt aber zu meinem Gedankenexperiment. Ich selber stoße mich ja zunehmend am Gebrauch des Laienbegriffs in der EmK. Habe zu viele lateinische Kirchenväter gelesen, um »laicus« nicht bloß als »zum Volk gehörig« zu verstehen, sondern eben auch den Subtext von »ungebildet« mitzuhören. Außerdem halte ich seit der Reformation mit dem Konzept des Allgemeinen Priestertums aller Gläubigen/Getauften das Denken in zwei Ständen, dem Klerus und den Laien, für auch theologisch überholt. – Besser wäre es von Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen zu sprechen. Ich jedenfalls werde aus dieser Ablehnung des Laienbegriffs und dessen historischer Bedeutung sowie des theologischen Konzepts keine Laienämter mehr übernehmen. – Nebenbei: Weil der Begriff so tief in die Kirchenordnung verwoben ist, auf die Pastoren ja ordiniert werden, ist es auch schwierig, hier Änderungen zu erwarten oder erhoffen. Es bedeutete einen Bruch mit der Ordinationsgrundlage.
Einmal angenommen, es gäbe da noch mehr wie mich einerseits, ein Empfinden, dass der Begriff eigentlich tatsächlich nicht mehr in die Zeit passe. Dann könnte es eine Initiative geben, als Gegenbegriff zu ordinierten Mitgliedern etwas anderes als Laien zu finden. Einmal optimistisch angenommen, dass sich 2028 oder 2030 damit die Gesamtkirchenleitung befasste, den Laienbegriff zu ersetzen. Sicher wären die Bischöfe dafür, das in den jeweiligen Zentralkonferenzen frei zu geben.
Ich stelle mir vor, dass womöglich einige eher traditionell denkende Mitchrist/inn/en nach den Erfolgen vom letzten Mal wieder Änderungsanträge nicht zur Entscheidung annähmen. Dann würde auf Zeit gespielt.
Am Ende käme es wahrscheinlich zu keinem Beschluss, der den Laienbegriff ersetzte. Statt dessen würde verärgerten Distanzierten, die finden, dass es so ja nicht gehe, eine Bundesgründung in Deutschland nahegelegt, sie sollen ja nicht gezwungen sein, die Kirche zu verlassen. Andererseits kann man ja auch nicht erwarten, dass die, die auf den Laienbegriff (der – wie gesagt – die gesamte Kirchenordnung durchzieht) ordiniert wurden, nun zu einem Schritt gelangten. Man müsste ja sagen: »Ja, das steht da so, vielleicht aus historischen Gründen, gemeint ist aber etwas anderes, und das trifft der Begriff ›Ehrenamtliche‹ deutlich besser.« – Weil dies aber nicht zu erwarten ist, bleibt mir funktionale Enthaltsamkeit, ich mache vieles aus »begriffs-realistischen« Gründen nicht, das ich möglicherweise machen könnte.
Was zeigt uns nun dieses Gedankenexperiment?
Es zeigt, dass es bei zunehmender Ausgestaltung struktureller Fragen (wie das bei einer größeren Kirchenordnung der Fall ist), zunehmend schwierig wird, Änderungen durchzuführen, jedenfalls so, dass die ganz überwiegende Anzahl der Kirchenglieder mitginge.
Bei der Frauenordination war das bereits der Fall: Einige machten nicht mit, sie stiegen viel mehr aus, machten sich andernorts selbständig. Bei den Fragen der Segung oder Trauung gleichgeschlechtlich Lebender und der Frage, ob Ordination mit gleichgeschlechtlicher Partnerschaft im Widerspruch stehe, ist der Gemeinschaftsbund eine Art Sprungtuch. Hilft nicht, beruhigt aber vielleicht.
Kirchenordnungen sind dermaßen auf sehr lange Zeiträume angelegt, dass auch die Prozesse zur Änderung bewusst eher langsam respektive zäh gestaltet sind. Das hat auch Gutes. Allein: Es bewirkt auch, dass etwa ich mich nicht durch derartige Strukturfragen aufhalten lasse, sondern meine Arbeit eher in Hauskreisen und Ad-Hoc Gruppen mache. Ich gründe keine Initiativen, die Kirchenordnung zu ändern.
So lange sie so ist, halte ich mich raus, wo es nicht passt. Sollte sie unhaltbar werden an dem einen oder anderen Punkt, würde ich wahrscheinlich religionsloser Christenmensch. – Was soll man anderes machen?
Lieber Frank, wie so oft triffst Du den Nagel auf den Kopf. Als Coach und Berater (hm… ich müsste eigentlich die weibliche Form für mich wählen, nur bei Coach klingt das extrem blöd, und dann ist das so eckig zu lesen, wenn man Coach und Beraterin gemeinsam nennt, oder nicht?) bin ich ja viel in großen und mittelgroßen Unternehmen unterwegs. In allen gibt es große Anstrengungen, schneller, flexibler — eben agiler — zu werden. Wenn man sich dann über die Handhabung der Kirche bzgl. Veränderungen Gedanken macht, dann wird vor allem eines sichtbar: eine gehörige Portion »Weltfremdheit«. Ich sehe es genau wie Du: da macht es mehr Freude, sich in eigenen kleinen »kreativen Zellen« zu engagieren, und das »Große Ganze« einfach stehen zu lassen. Nicht schön, aber für mich als »Ehrenamtliche« die einzig gangbare Variante. Ach, da war sie dann doch, die weibliche Form. Vielleicht auch ein Veränderungsprozess, der einfach braucht??? Grüße von Eurer Coachin.
Vielen Dank auch für diese anregenden Gedanken. Die Schwierigkeit, die bleibt, ist wohl: Wenn wir uns aus guten Gründen raushalten aus dem »Großen Ganzen«, uns stattdessen in den kleinen und überschaubaren »kreativen Zellen« engagieren, wer soll dann die großen Änderungen bewirken? – Wenn das nämlich eine Zeit lang so weitergeht, dann wird die Kirche bald »weltfremd«, und es stellt sich demnächst die Frage: https://www.nachfolge-postmodern.de/2021/02/26/kirche-lohnt-eine-renovierung-oder-ist-neubau-wirtschaftlicher/
Ich möchte gar nicht entscheiden, ob oder wann das der Fall ist. Das ist ein Thema für den Bauherrn der Kirche, Christus. Aus meiner menschlichen Sicht mache ich mir da nur begründet Gedanken. – Denn dafür haben wir schließlich unsere Gottesebenbildlichkeit: Wir dürfen unsere Gaben gebrauchen, auch zur Gestaltung von Kirche(nordnung). Wenn nicht wir – wer dann?
Gruß Frank
Grundsätzlich stimme ich diesen Überlegungen zu. Mir ist nur schleierhaft, wie zwei derart gegensätzliche Auffassungen in einer Kirche, ja vermutlich zuerst in einer Gemeinde, einander ertragen könnten. Wenn man Schwarz und Weiß zusammenmischt, kommt Grau heraus, d. h. die Konturen verschwimmen, und dann scheint alles zusammenzupassen — für eine gewisse Zeit. Dann kommt es entweder zu einer wirklichen Anpassung an den allgemeinen Zeitgeist-Trend oder zu einer Trennung (die man besser gleich vollzogen hätte).
Solange das Problem meine Gemeinde noch nicht auf die Probe stellt und solange hier Christus noch ohne irgendwelche Einschränkungen oder Erweiterungen verkündigt wird, will ich die Versammlung der Heiligen nicht versäumen (Hebr. 10,23 – 25) und dort dienen, wo mir noch eine Aufgabe übertragen wird.
Die Stärke der Kirche ist die Liebe, die menschlich unmöglich ist, die aber der Geist Gottes in Christus schenkt. So meine ich, dass auch sehr verschieden denkende und glaubende, vielleicht verschieden lebende Menschen einander nicht nur ertragen, sondern lieben.
Ich bin froh, dass das in der EmK möglich scheint. Trotz aller gravierenden Bedenken von allen Seiten. Das ist nicht einfach. – Allein: Einfacher wird es nicht gehen. Denn Gemeinde ist ja nicht als Wohlfühlen-Ecke für ähnlich tickende Menschen gedacht, sondern als beauftragte Gemeinschaft von Christus-Nachfolgenden ist sie in die Welt geschickt. Schon die Jünger waren sehr verschieden. Zeloten, Zöllner (Kollaborateure), Fischer… Und Jesus hat sie beauftragt, in die Welt zu gehen, zu lehren und zu taufen. Zu heilen.
Manchmal erscheint es mir so, als hätten wir diesen Auftrag, diese Mission Gottes zumindest etwas aus dem Blick verloren.
Ich hoffe, dass alle Verschiedenheiten und Unterschiedlichkeiten uns ebenso wenig trennen können wie Hohes und Tiefes, Mächte und Gewalten. Dass wir es um der Liebe Gottes miteinander aushalten.
Gruß und Dank
Frank Weber