Neu­lich las ich zum zwei­ten Mal aus einem äuße­ren Anlass Tobi­as Faix’ »Gene­ra­ti­on Lob­preis« und dach­te drü­ber nach, wie es der Gene­ra­ti­on Y, respek­ti­ve den so genann­ten »Hoch­re­li­giö­sen« aus die­ser Alters­grup­pe, gelin­gen kann, sprach­fä­hig zu wer­den. Sprach­fä­hig von und über einen hoch-indi­vi­dua­li­sier­ten und emo­tio­nal geleb­ten Glauben.

Vor der Sub­jek­ti­vie­rung habe ich weni­ger Sor­gen, das haben schon Klaus Wink­ler und Otto Haend­ler mit dem »per­sön­lich­keits­spe­zi­fi­schen Cre­do« abge­früh­stückt. Es ist qua­si ein post­mo­der­nes All­ge­mein­gut, dass Glau­be je indi­vi­du­ell sein muss, wie und weil auch unse­re Lebens- und Sprach­wel­ten indi­vi­du­ell sind.

Mei­ne Sor­ge ist: Wo bleibt das Sprach­spiel, die Col­la­ge, das Zitat, die Camou­fla­ge? Das gilt glei­cher­ma­ßen für die Tex­te wie für die Musik: Wer sich nie mit Har­mo­nik, Stimm­füh­rung und (Ton-)Satz befasst hat, kann weni­ger spie­len. Ein Zuschnitt des Glau­bens­aus­drucks auf ver­hält­nis­mä­ßig simp­le Pop­mu­sik mit from­mem Zuschnitt wäre mir zu wenig. Zu wenig um der Men­schen wil­len, die sich in die­ser Musik wie­der­fin­den und Glau­ben zum Aus­druck bringen.

Vor allem: Wie kann so ein Glau­bens­kleid mit­wach­sen? Wie kön­nen die, die heu­te 16 sind, wenn sie ein­mal 60 sind, Glau­ben leben?

Die Musik des Jugend­al­ters prägt, klar. Das war bei Punk, bei Rock und vie­lem ande­ren so. Musik ist Teil der Kul­tur und auch des Lebens­ge­fühls. – Aber auch Fast-Food, Seri­en, Comics usw. gehö­ren zu die­ser Kul­tur. Trotz­dem leben vie­le, wenn sie etwas älter wer­den, nicht mehr von Fast-Food (oder viel weni­ger). Wo sind die christ­li­chen Gra­phic Novels und wo die ent­spre­chen­den Dai­ly Soaps bei bibel.tv? – Ich stel­le fest, dass ich das nicht ein­mal weiß. Kann nicht aus­schlie­ßen, dass es so etwas gibt. – Ich habe bis­her nicht ein­mal am Rand mei­nes Bewusst­seins so etwas wahrgenommen.

Deut­lich ist: Wir haben eine zuneh­men­de Indi­vi­dua­li­sie­rung der Lebens­sti­le und ‑ent­wür­fe. Das zei­gen die sozio­lo­gi­schen Stu­di­en der letz­ten Jah­re. Trotz­dem besteht die Her­aus­for­de­rung dar­in, dass unter­schied­lich leben­de und ticken­de Men­schen mit­ein­an­der in eine Schu­le gehen, mit­ein­an­der reden und leben. Mir geht es auch dar­um, dass wir in geist­li­cher Hin­sicht sprach­fä­hig blei­ben bzw. dies wer­den, denn Mis­si­on und Evan­ge­li­sa­ti­on set­zen vor­aus, dass wir eine Bot­schaft, kon­kret das Evan­ge­li­um, (oft auch sprach­lich) trans­por­tie­ren kön­nen. Ja, Dia­ko­nie, das Dasein für ande­re, sind oft der ers­te Schritt, der Aus­druck der Ach­tung und Wert­schät­zung des Gegen­übers. Dann aber gehört mei­nes Erach­tens auch ein Wort dazu, zumin­dest dann, wenn wir gefragt werden.

In tech­ni­schen Sys­te­men spre­chen wir oft von defi­nier­ten Schnitt­stel­len und offe­nen Pro­to­kol­len. Anders gesagt: Wenn eine App auf dem Han­dy mit einem ande­ren Mes­sen­ger auf einem ande­ren Sys­tem Daten aus­tauscht, und die Zei­chen­sät­ze usw. wer­den jeweils über­setzt, so geht das wegen der defi­nier­ten Schnittstellen.

Bei aller Indi­vi­dua­li­sie­rung soll­ten wir uns die­se Bewusst­seins­schicht – Schnitt­stel­len mit und zu ande­ren – nicht neh­men las­sen. Ein Ver­zicht führ­te uns letzt­lich in die Iso­la­ti­on. Voll­ende­te Ver­sen­kung (und damit Indi­vi­dua­li­sie­rung) wäre Weltflucht.