Jens Stangenberg ist Pastor in der Zellgemeinde Bremen, einer baptistischen Gemeinde, die schon speziell ist. Nebenbei schreibt er und produziert Podcasts. Diese neuen Formen, Blogs, Podcasts evtl. Youtube, bringen das, was sich unter Kirche neu denken, Fresh-Expressions usw. versammelt deutlich voran. Da tummelt sich die Schar der Interessierten und man reagiert aufeinander. Verleger usw. sind lange raus, hier werden Abkürzungen genommen direkt von einer Person, die Gedanken denkt und formuliert, aufnimmt und publiziert zum Publikum, und die wiederum reagieren auf ihren oder anderen Kanälen wieder auf das, was sie andernorts gehört oder gelesen haben.
So funktioniert auch dieser Beitrag. In einer Reihe von Podcast-Folgen denkt Jens Stangenberg über die Kirche der Zukunft und über die Zukunft der Kirche nach. Dabei geht es darum, was eigentlich Kirche ausmacht, wofür sie da ist, was fehlte, wenn es sie nicht gäbe. Dazu nutzt Jens Stangenberg ein Modell konzentrischer Kreise von Simon Sinek, das der zur Beschreibung von z.B. Unternehmen erdacht hat:
- Why (was ist der Daseinsgrund einer Firma oder der Grund, dass es Kirche gibt?)
- How (wie macht eine Firma etwas, ›Apple-Design‹, wie geht Kirche unter den Rahmenbedingungen von Corona…?)
- What (was macht eine Firma: iPhone…, was macht eine Gemeinde: Gruppen; Kinderbibeltage und Gottesdienst…?)
Beim Nachdenken über Unternehmen und eben auch beim Nachdenken über Kirche geht es zuerst ums Grundlegende: Was soll das Unternehmen, was soll die Kirche tun, sein, leisten? Ein Buch von Simon Sinek heißt: »Start with the Why«. Das meint er so.
Kirche nach Corona-Lockdown…
Wenn wir an Kirche und Gemeinde denken, haben wir nun Erfahrungen mit digitalen Formen gesammelt, Gruppen per Videokonferenz, Gottesdienst als Stream, … Und viele sind froh, dass wir nun wieder fast wie zuvor live Gottesdienste, Gruppen und Kreise haben können. Allein: So sehr Vorstände und Gemeindeleitungen über das »how to be church?« nachdenken, so wenig denken wir darüber nach, wozu es uns als Kirche oder Gemeinde eigentlich gibt. – Stangenberg fragt in einer seiner Folgen gar, ob wir nicht je einzeln unseren Glauben leben können und uns Anregungen, Predigten usw. aus dem Internet nach Bedarf beschaffen oder herunterladen können.
Wozu braucht es dann Programme, Gottesdienste, Gebäude, in die wir so viel Zeit, Kraft und Geld stecken müssen, die uns möglicherweise fürs Eigentliche fehlen? Dies gilt zumal in Zeiten, in denen Mitarbeitende abspringen, sich von der real-existierenden Gemeinde abwenden zugunsten virtueller Communities, Clubhouse, Blogoshpäre usw.
Ich finde es sehr gut und begründet, dass Stangenberg diese Fragen stellt. Gerade auch die grundlegenden Dinge müssen wir immer wieder einmal klären: Worum geht es bei uns. Stangenberg bietet als Antwort die Antwort der Zellgemeinde an: Es geht um Shalom, um Gottes Frieden und Versöhnung, die denen gilt, die da sind, die aber auch durch sie ins Umfeld und in die Stadt wirkt und auch evangelistisch wirken möchte. Es geht um ein ganzheitlich versöhntes Leben mit Gott und den anderen.
Nun gibt es sicher genug Zeit und Kraft, die in Kirchen und Gemeinden auf das Ausdenken, Formulieren und Publizieren von Leitsätze verwendet wurden. Andererseits: Es gibt sehr viele Kirchen und Gemeinden, die nur machen, was sie immer machten. Die selten über das »How« nachdenken, und über das »Why« eigentlich nie. – Da aber liegt eine massive Gefahr. Wenn es so ist, dass das Evangelium das selbe bleibt, so bleibt keine Form für Gruppen, Kreise, für Gemeindeleitung usw. überzeitlich. Diese Äußerlichkeiten müssen sich ändern, wenn Kirche Kirche bleiben möchte. Sonst würde sie ein Museum Deutscher Messe in historischer Aufführungspraxis.
Wofür ist Gemeinde erforderlich?
Glaube ist Teamsport
Ich sehe vor allem zwei Funktionen: Einmal als Ort, an dem Glaube eingeübt werden kann. Wer als Fußballer besser werden möchte, kann sicher Laufträining absolvieren oder in den Kraftraum gehen. Andererseits sind das vielleicht Voraussetzungen, aber noch kein guter Fußball. Spielen lernt man mit anderen und auf dem Platz. Gerade durch das Zusammenspiel werden die einzelnen besser. Das ist (regelmäßiges Training vorausgesetzt) kaum zu vermeiden: Man wird einfach besser, wenn man etwas regelmäßig macht.
Auch Musik: Klar muss jede/r sein oder ihr Instrument erlernen, aber Musik lernt man durchs Musizieren mit anderen. Wie genau muss ich mich einbringen, so dass sich ein Zusammenklang des Ganzen ergibt? Wer in einem Chor oder Orchester mit anderen zusammenspielt, wird besser.
So ist es auch mit Gemeinde: Wenn wir mit anderen Glauben einüben, im Hauskreis auf unser Leben und biblische Texte schauen und wie das zusammen passt, dann bringt uns das höchstwahrscheinlich weiter. Wenn wir mit anderen zusammenarbeiten, und die Zusammenarbeit dritten dient, eine Veranstaltung… dann lernen wir dabei mit- und voneinander.
Diese Effekte sind quasi unvermeidlich und nicht durch »Inhalte« aus dem Internet ersetzbar. Diese Art von »Glauben einüben« geht eben auch nicht mit einem Buch oder ähnlichem.
Glaube für die jungen Leute
Wo, wenn nicht in einer Gemeinde, lässt sich denen, die in die Gemeinde hineinwachsen, gelebter Glaube zeigen und erläutern. Ob sie damit etwas anfangen können, ob sie selbst zum Glauben kommen: Das haben wir nicht in der Hand. Aber wir haben es in der Hand, mehr als bloße Theorie feilzubieten. Dazu müssen Kinderkirche, Kirchlicher Unterricht, Gruppen und Kreise und auch die Orte, an denen junge Leute auf »ältere Geschwister« treffen, so gestaltet sein, dass sie Lust machen auf mehr. Es geht nicht darum, Wissen in die Köpfe junger Leute zu stopfen. Vielmehr geht um den gelebten Glauben, darum, wie die, die da sind, leben – als Christenmenschen.
Ich hoffe und bete, dass das attraktiv ist. Sicher, das allein tut’s freilich nicht, sondern es muss noch viel dazu kommen, insbesondere Gottes Geist. Ohne Gemeinde aber kann sich Glaube bedeutend schlechter entwickeln.
Allen denen, die an diesen Themen weiter denken möchten, empfehle ich den Podcast von Jens Stangenberg nachdrücklich.
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