Ja, ich gehöre zu einer Gemeinde; die anderen sind mit mehrheitlich liebe Weggefährt/inn/en. Konkret und unverzichtbar ist mir aber weniger die Gemeinde oder konkret der Sonntagsgottesdienst. Nichts gegen Musik, Lesung, Predigt und Segen. Das ist alles gut und schön (mehr oder weniger gut und mehr oder weniger schön). Konkret aber wird Gemeinschaft da, wo es persönlich wird. Da, wo konkrete Menschen über ihren Glauben und ihr Leben ins Gespräch miteinander kommen.
Für mich sind dies vor allem die Hauskreise. Nun gibt es erstaunlich viele Menschen, die keine Vorstellung von einem Hauskreis haben, auch solche, die bereits lange zu einer Gemeinde oder Kirche gehören. Derzeit gehöre ich fünf solchen Kreisen an. Zwei Jugendhauskreise, einer mit jungen Erwachsenen Anfang 20, einer mit 14/15-jährigen Jugendlichen. Ein Suppenhauskreis (seit 1997 bin ich da dabei) und ein weiterer, der seit rund vier Wochen läuft – der ist sehr bunt und sonst spannend, mehr aber kann ich noch nicht dazu sagen. Außerdem gibt es noch einen Kreis, der biblische Texte liest, gemeinsam betet und einander begleitet. Der heißt nicht Hauskreis, ist aber einer. Letzterer ist seit dem zweiten Lockdown wieder ganz ausgesetzt, die anderen finden derzeit (gewöhnlich) per Videokonferenz statt.
Das alles ist ein sehr vermitteltes Miteinander. Besser als nichts, aber doch etwas anderes als (etwa im Suppenhauskreis, der so heißt, weil wir mit einem gemeinsamen Abendessen beginnen) miteinander etwa zu essen, im selben Raum und am selben Tisch zu sitzen.
Beziehungen zueinander sind die Basis für konkrete Gemeinschaft. Wie soll ich mit jemandem über so persönliche Dinge wie das, was ich glaube, hoffe, von Gott zu hören oder zu verstehen meine, mit ins Gespräch kommen, wenn es da nicht eine Beziehungsbasis gibt. Dabei geht es nicht um Freundschaft. Die ergibt sich teils, aber eben nicht immer. Muss auch nicht, denn es geht ja nicht um Sympathie, sondern um Weggemeinschaft. Miteinander als Christusnachfolger/innen unterwegs zu sein. Teils über Konfessionsgrenzen hinweg.
Anders als Gottesdienste sind Hauskreise dialogisch angelegt, also auf den Austausch. Klar, im Prinzip ist ein liturgischer Wechselgesang auch dialogisch, aber eben hoch ritualisiert. In Hauskreise und kleinen Gruppen kommen die einzelnen in anderer Weise vor, was gerade durch die geringe Größe so eines Kreises ermöglicht wird.
Mir scheint, dass dort, gerade in solchen kleinen Gruppen, auch die tief sitzenden Fragen formuliert werden, und es um so wichtiger ist, dass auch Menschen dabei sind, die etliche Antworten durchgelebt und durchdacht haben. Für mich ist Hauskreis wie ein Orchester: Es geht nicht um Musikunterricht. Es geht um das gemeinsame Durchspielen und damit Erleben eines Wegstücks im Leben.
Niemand muss sich etwas abgucken vom Leben erfahrener und möglicherweise langjähriger Christenmenschen. Andererseits ergibt es sich in der Weggemeinschaft natürlich, dass eine Art Rhythmus und gemeinsames Empfinden (wie in einem Chor oder Orchester) sich für Glauben, der gelebt wird, ergibt. Ja, das kann weiterhelfen.
Wissen und Kenntnisse schaden nicht, aber sie sollten so eingebracht werden, dass es mundgerecht und verdaulich bleiben. Mein Interesse an Patristik (Kirchenvaterkunde, teil der Kirchengeschichte der alten Kirchen) etwa verschweige ich nicht, aber: Ich bemühe mich nicht, an jeder passenden und unpassenden Stelle den einen oder anderen lateinischen Kirchenvater einzubringen, weil ich weiß und nachvollziehen kann, dass das nicht jedermanns Themen sind.
Mir scheint, dass diese Art von Gemeinschaft in Zellgruppen, Hauskreisen oder kleinen Gruppen bald nach einer Entdeckung des Glaubens eine gute Sache sind, weil dort die Praxis des Lebens als Christin oder Christ gelebt und eingeübt werden können. Jesus berief Jünger, aber nicht je einzeln in ein Coaching oder Mentoring-Programm. Er war mit ihnen gemeinsam unterwegs. Petrus blieb Petrus und Andreas oder Johannes und Judas, sie alle behielten ihre Ecken und Kanten, ihre Stärken und Schwächen. Das gilt sicher auch für die Frauen, die mit unterwegs waren.
Die Jünger sprachen untereinander, sie sprachen mit Jesus – und eben das tun Hauskreise. Kann allen nur empfehlen, die an Nachfolge interessiert sind, sich einen zu suchen, wenn sie nicht schon so etwas haben.
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