In unse­ren Gesell­schaf­ten hat sie vie­les ver­än­dert in den letz­ten Jahr­zehn­ten. Man­ches hat gewal­ti­ge Aus­wir­kun­gen auf Gemein­den und Kir­chen. – Die haben es bloß (größ­ten­teils) bis heu­te nicht verstanden:

  1. Wenn in den meis­ten Fami­li­en zwei Ein­kom­men erfor­der­lich oder erwünscht sind, ste­hen bedeu­tend weni­ger Ehren­amt­li­che zur Ver­fü­gung. Gestei­ger­te Frau­en­er­werbs­tä­tig­keit lässt nicht bloß Frau­en­wer­ke aus­blu­ten, son­dern führt auch dazu, dass am Wochen­en­de Fami­li­en­zeit um so wich­ti­ger ist. Und irgend­wann muss ja auch der Haus­halt erle­digt wer­den (Ein­kau­fen, Put­zen, Waschen usw.)
  2. Die oft sehr kurz­fris­ti­gen Ein­sät­ze der­je­ni­gen, die job­ben, führt zu immer kür­ze­ren Pla­nungs­in­ter­val­len: Wer erst am Vor­abend weiß, dass sie oder er am Fol­ge­tag jobbt, kann kaum Grup­pen und Krei­se wahr­neh­men. Das gilt für Super­markt­kas­sen eben­so wie für Gas­tro­no­mie, Lie­fer­diens­te, … Aber eben auch für Pfle­ge­be­ru­fe, öffent­li­chen Ver­kehr usw. (Han­dy macht es mög­lich, sehr kurz­fris­tig zu planen).
  3. Die Wochen­en­den wer­den immer mehr und viel­fäl­ti­ger besetzt. Nicht allein mit Bäcke­rei­en, son­dern auch mit Tank­stel­len, Shops in Bahn­hö­fen, Kios­ken usw. Ganz abge­se­hen davon, dass wir uns immer mehr ein­kaufs­freie Sonn­ta­ge leis­ten (nicht bloß in der Advents­zeit, aber auch da!) – Und die Frei­zeit-Indus­trie boomt: Parks, Kon­zer­te, Muse­en, Kinos, Sport usw. inklu­si­ve Gastronomie.
  4. Bei vie­len braucht es Zweit- und Dritt­jobs, um über die Run­den zu kom­men. Mehr Men­schen put­zen neben­bei, fah­ren Medi­ka­men­te für Apo­the­ken aus, lie­fern Zei­tun­gen usw. Mini-Jobs gehö­ren nicht nur bei Schü­le­rin­nen und Schü­lern dazu, son­dern oft auch bei eigent­lich Ruhe­ständ­lern. Wenn der Haupt­be­ruf schlecht bezahlt ist, ist es teils auch nötig für hin­rei­chen­des Ein­kom­men oder erstreb­ten Lebensstandard.

Die Fol­gen mer­ken wir in Kir­chen und Gemein­den: Die sind nicht nur zu einem Anbie­ter unter vie­len ande­ren gewor­den; man muss sie sich leis­ten kön­nen. Kol­lek­ten kos­ten auch Geld. Mit­ar­beit bedeu­tet, in der Zeit nicht zu arbei­ten. Wer in der Band mit­spielt, braucht Zeit zum Pro­ben. Ein Instru­ment, Unter­richt, teils wird erwar­tet, dass man sei­ne eige­nen In-Ohr-Kopf­hö­rer mit­bringt usw.

Die Art unse­rer gemeind­li­chen Ange­bo­te spricht eine bestimm­te Grup­pe oder Schicht an: Ande­re und deren Sor­gen und Bedürf­nis­se haben wir – wie üblich – kaum im Blick. Das pas­siert leicht. Bloß soll­ten wir uns nicht wun­dern, wenn wir die dann nicht errei­chen oder anspre­chen mit dem, was wir anbie­ten. Ganz abge­se­hen von Stil­fra­gen: Wel­che Musik, wel­che For­men usw. pas­sen für wen. Auch wel­che Uhr­zeit. Zehn Uhr mor­gens passt aus­ge­zeich­net für eini­ge. Für ande­re gar nicht. Für die aber ist dies bereits eine mas­si­ve Hürde.

Wenn wir bei You­tube abfil­men, was wir so machen, ist das für eini­ge, die nicht live teil­neh­men kön­nen (aus Gesund­heits­grün­den etwa) hilf­reich. Es ist aber für sons­ti­ge kaum attrak­tiv. Da pas­siert viel zu wenig. Die meis­ten Got­tes­diens­te sind auf grö­ße­re Span­nungs­bö­gen ange­legt als unse­re media­le Kul­tur. Für einen Got­tes­dienst ist eine gute Stun­de eine ange­mes­se­ne Zeit, denn für eine hal­be Stun­de lohnt es sich ja auch nicht hinzufahren.

Für das Anse­hen am Bild­schirm ist eine gute Stun­de schon sehr viel. Eine Pre­digt mit zwan­zig Minu­ten ist für einen Rede­bei­trag sehr lang. – Und: Es gibt nicht viel zu sehen, selbst dann, wenn der Pas­tor einen Gegen­stand mit­bringt oder Bild­chen auf ein Papier malt.

Wenn es dann noch tech­ni­sche Tücken, vom schie­fen Ton bis zur Bild­stö­rung, von schwie­rig zu ver­ste­hen­dem Ton bis zu Aus­fäl­len der Inter­net-Ver­bin­dung dazu kom­men, dann brau­chen wir uns nicht zu wun­dern, dass wir ästhe­tisch nicht an einen durch­ge­styl­ten ARD-Fern­seh­got­tes­dienst her­an­kom­men. Und selbst der ist ein Minderheitenangebot.

Die Rah­men­be­din­gun­gen haben wir nicht in der Hand. Aber: Wir kön­nen als Gemein­den und Kir­chen reagie­ren, kön­nen neue und ande­re For­ma­te anbie­ten. Viel­leicht ja nicht bloß zusätz­lich, denn immer mehr geht nicht mit immer weni­ger Men­schen. Aber: Mög­li­cher­wei­se statt­des­sen. Das will gut über­legt sein, klar. Wenn man erst­mal beginnt, Got­tes­diens­te nicht mehr immer als gesetzt zu den­ken, dann sind das mas­si­ve Veränderungen.

Mög­li­cher­wei­se aber sind es auch not­we­ni­ge, wenn wir als Kir­chen und Gemein­den in der Zukunft und im Her­zen der Men­schen einen Platz für Gott schaf­fen möchten?

Lösun­gen habe ich nicht, aber ich sehe eine gro­ße Anzahl an Her­aus­for­de­run­gen und Anfra­gen bei dem klas­si­schen Modell, das wir ein­fach so fort­füh­ren, auch wenn es schwie­ri­ger und weni­ger Men­schen wer­den. – Und mehr, die auch gar nicht anzu­spre­chen sind mit dem bis­he­ri­gen Angebot.