Der Wahl­kampf tobt. Offen­bar haben wir uns dar­auf ein­ge­rich­tet, dass es eine Schau­fens­ter-Vari­an­te gibt von Demo­kra­tie, Gleich­be­rech­ti­gung und Teil­ha­be – und eine ande­re, die wir kol­lek­tiv ver­drän­gen. Was ich damit meine?

Ich mei­ne, dass wir bei Face­book usw. gelernt haben, dass wir ein Image von uns selbst auf­bau­en und ver­mit­teln, das irgend­wie zutrifft, aber eben vie­les weg­lässt. Ein depres­si­ver Stu­dent, der mit vie­lem in sei­nem Leben kämpft, und des­sen Bezie­hung gera­de schei­tert, stellt sich anders dar, erwähnt sei­nen Sand­wich-Toas­ter und sein Fit­ness-Trai­ning, wenn er sich bei einer WG um ein frei­es Zim­mer bewirbt.

Kanz­ler­kan­di­dat Scholz geht nicht mit Cum-Ex oder der als Fol­ter ein­ge­stuf­ten Zwangs­ver­ab­rei­chung von Brech­mit­tel an Klein­dea­ler in den Wahl­kampf. Das ist es nicht, was er auf die Pla­ka­te dru­cken lässt. – Hier geht es nicht gegen Herrn Scholz oder jeman­den aus dem Kan­di­die­ren­den-Pool. Sie alle haben ihre Lei­chen im Kel­ler. Leider.

Der Punkt ist: Wir haben uns dar­an gewöhnt. Da wer­den Kriegs­ver­bre­cher aus Ex-Jugo­sla­wi­en vor den Den Haa­ger Gerichts­hof gestellt. So weit, so gut. Bloß: Dass das mit US-Sol­da­ten, Gene­rä­len oder gar den poli­ti­schen Ent­schei­den­den geschä­he: Undenkbar.

Den Unter­schied zwi­schen der Schau­fens­ter-Vari­an­te von Vor­zei­ge-Chris­ten und man­chen ande­ren Ein­drü­cken, die man gewin­nen kann, wenn man genau­er hin­schaut, ist dras­tisch. Das gilt nicht nur für Wil­low Creek und Herrn Hybels. Es ist mehr oder weni­ger so, dass wir die polier­te Image­bro­schü­ren-Vari­an­te wol­len und vor­zie­hen vor einer umfassenderen.

Woher mag das kom­men? Viel­leicht ist die Comic-Kul­tur mit ihren wenig abge­tön­ten Far­ben ein Grund. Da gibt es eine begrenz­te Palet­te von Far­ben, kein kon­ti­nu­ier­li­ches Spek­trum. – Und gera­de in Gro­schen­ro­ma­nen und den moder­nen Vari­an­ten hier­von, da sind die Bösen ganz Böse, die guten ein­fach nur und umfas­send Hel­den usw.

So weit die Fest­stel­lung. Eine Fol­ge ist aber, dass es an Ein­bli­cken und Vor­bil­dern fehlt, die es gera­de Jugend­li­chen erlau­ben, zu sehen, wie wir selbst mit Her­aus­for­de­run­gen, Wün­schen, ver­pass­ten Zie­len usw. umge­hen. Sie müs­sen es nicht so machen wie wir, aber wir soll­ten ihnen mehr als eine Comic-Fas­sung zei­gen oder als eine Image­bro­schü­re. Das gilt eben neben den Berei­chen unse­res Arbeits- und Fami­li­en­le­bens (sicher auch mit man­chem Schei­tern, vor allem wohl an unse­ren eige­nen Wün­schen und Ansprü­chen an uns selbst) auch für die Berei­che unse­res Glaubens.

Wie machen wir das? Wie gehen wir mit Gott um und mit den ande­ren? Wie leben wir mit geist­li­chen Übun­gen und mit der Gemein­de? Wenn jemand das kri­tisch ansieht, dann jun­ge Leu­te. Wir ler­nen unbe­wusst. Da kann der kirch­li­che Unter­richt noch so didak­tisch aus­ge­wo­gen sein: Wenn es mit dem Leben derer nicht zusam­men­passt, bei denen wir mehr als die Fas­sa­de sehen, dann bringt das alles nichts.

Für einen Schau­fens­ter-Glau­ben kann sich nie­mand begeis­tern. Das ist ein Modell, mit dem sich der Distan­zier­te in Ful­da oder Pader­born mit der offi­zi­el­len Reli­gio­si­tät arran­gie­ren kann, um nicht nega­tiv auf­zu­fal­len. – Schau­fens­ter heißt güns­tigs­ten­falls: Posi­tiv dar­ge­stellt. Man könn­te aber auch sagen: Eine Lüge. So wie die Abgas­wer­te bei man­chen Die­sel­mo­to­ren. Kun­den wol­len betro­gen wer­den. – Es darf bloß nicht rauskommen.

Whist­le­b­lower, die mora­lisch höhe­re Ansprü­che haben und ver­tre­ten, stö­ren da natür­lich mas­siv. Und das gilt auch für die Image­bro­schü­ren-Vari­an­te von west­li­chen mili­tä­ri­schen Inter­ven­tio­nen, die lei­der eben­so grau­sam und unge­recht sind wie ande­re Vari­an­ten. Ob man eine Hoch­zeits- oder Beer­di­gungs­ge­sell­schaft per Droh­ne beschießt oder sich aus der Unter­su­chung sol­cher Vor­gän­ge aus Oppor­tu­ni­tät, also letzt­lich Bequem­lich­keit, her­aus­hält: Es läuft auf das­sel­be hin­aus: Wir haben ein Schau­fens­ter, ein Image, und das, was dahin­ter steht. Und die bei­den pas­sen nicht zueinander.

Lei­der. – Gott sei’s geklagt.