Gewöhn­lich ist unser aller All­tag gut aus­ge­füllt. Ter­mi­ne, Ver­ab­re­dun­gen, … Vie­les davon ist der­zeit unmög­lich bzw. fällt aus. Grup­pen, Krei­se, Ver­ei­ne, Restau­rant­be­such und Kon­zert: Sie alle fin­den nicht statt.

Ich wünsch­te mir, dass es anders wäre. Sehe aber ein, dass es begrün­det so ist, wie es ist. Ent­we­der ärge­re ich mich nun drü­ber, schmol­le, demons­trie­re viel­leicht. — Mache ich nicht. Ich weiß, wie anstren­gend und müh­sam das ist. Oft auch frus­trie­rend. Statt des­sen bemü­he ich mich, das Bes­te aus den Ver­hält­nis­sen zu machen.

Ich plau­de­re hier ein­mal aus mei­nem Näh­käst­chen bzw. aus mei­ner Backstube.

Statt fertig lieber selbst gemacht

Im vol­len All­tag kau­fen wir alle vie­les fer­tig. Etwa Kek­se und Kuchen. Das ist deut­lich teu­rer als selbst­ge­macht — es ist auch nur ein Drit­tel der Erfah­rung. Wenn ich selbst backe, Kek­se etwa, für Besuch. Ich rüh­re den Teig, eine außer­or­dent­lich sinn­li­che Erfah­rung. Beim Backen duf­tet die Küche, ja die gesam­te Woh­nung. Dann die noch war­men Hafer­kek­se zu essen: Viel­leicht sind die gekauf­ten gleich­mä­ßi­ger geformt, viel­leicht sogar eben­so gut. Aber: Sie sind nicht warm, sie sind nicht indi­vi­du­ell. Und sie wür­den weni­ger Spaß machen.

Ich backe gern (koche und esse auch gern!), stel­le aber fest, dass dafür etwas mehr Zeit ist, wenn der All­tag ent­schleu­nigt wird. Der Gugel­hupf zum Wochen­en­de: Ein Geschenk, das das (Er-)leben inten­si­viert. Neben­bei: Da kommt nur rein, was ich für erfor­der­lich erach­te. Wird schnel­ler geges­sen als der Sta­bi­li­sa­tor des Indus­trie­pro­dukts wir­ken könnte.

Schreiben als Geschenk und Reflexion

Ein Ziel bei mir sind der­zeit min­des­tens zwei Brie­fe pro Woche zu schrei­ben. E‑Mails sind schnell und prak­tisch, sicher. Aber: Der Grad an Refle­xi­on in zwei bis vier Sei­ten Brief sind anders als in 12 oder 15 Zei­len E‑Mail. Auch die Freu­de, Brie­fe zu emp­fan­gen ist ganz etwas ande­res als der Druck: »Oh, eine neue E‑Mail…« Das mit den min­des­tens zwei Brie­fen pro Woche habe ich gut geschafft in den letz­ten Wochen. Mein Trick: Ich schrei­be mor­gens. Oft gehe ich jetzt (für mei­ne Ver­hält­nis­se) früh schla­fen. Ent­spre­chend bin ich vor sechs Uhr früh am Schreib­tisch und schaf­fe dann vor der Arbeit ent­we­der einen Brief oder — auch sehr hilf­reich für mich — ein gutes Stück Refle­xi­on in mein Notiz­heft. Das Schrei­ben im Notiz­heft mit der Hand, bei den Brie­fen je nach­dem… hilft mir, mei­nen eige­nen All­tag, das, was ich lese oder höre, inten­siv wahrzunehmen.

Hören und Lesen

Dudel­funk ertra­ge ich nicht. Fern­se­hen habe ich nicht, nut­ze aber die Media­the­ken von ARD, ARTE usw. Rela­tiv viel Radio höre ich, und da freue ich mich über man­che Ent­de­ckun­gen. Eine Stun­de Inter­view mit einem Bie­nen­for­scher, den ich nicht ken­ne, und Bie­nen sind nun nicht mein Kern­in­ter­es­se. — Trotz­dem gut zu hören. Ich ler­ne etwas. Dank auch guter Fra­gen der vor­be­rei­te­ten Jour­na­lis­ten. Auch musi­ka­lisch ent­de­cke ich immer wie­der etwas. Daher ist mir der Rund­funk unent­behr­lich und kost­bar. Dane­ben aber höre ich Pod­casts. Wort­haus, Fri­sche­the­ke, MyCom usw. Auch deut­lich spe­zi­el­le­re Sachen. Aber: Wenn ich etwas höre, dann bewusst. Mit Notiz­heft und Stift.

Bücher von Jim Wallis

Es gibt eini­ge Bücher, die ich wie­der lese. Nicht dass der Lese­stoff aus­gin­ge, aber: Immer wie­der ein­mal blät­te­re ich aus unter­schied­li­chen Grün­den in Büchern, und dann kom­me ich ins Lesen. Lese mich fest. Abends lese ich, mor­gens schrei­be ich.

Ora et Labora

Eini­ge Zeit habe ich im Pho­to­la­bor ver­bracht, mit dem Ent­wi­ckeln von Fil­men, mit dem Anfer­ti­gen von Kon­takt­ab­zü­gen. Neu­lich bekam ich ein wun­der­ba­res altes Gerät von einem Freund geschenkt, das ich put­zen und instal­lie­ren muss­te. Die ana­lo­ge Arbeit im Dun­kel des Labors bzw. beim mono­to­nen Bewe­gen einer Film-Ent­wick­lungs­do­se ist durch­aus auch eine Zeit zum Beten. Inso­fern kann ich die anti­ken Mön­che nach­voll­zie­hen, die die­se Art von »Hand­ar­beit« schätz­ten, weil sie sie nicht abhielt vom Gespräch mit Gott. — Das ist kein Modus für die digi­ta­le Bild­be­ar­bei­tung — jeden­falls geht es mir so. Aber: Es ist einer­seits ein kon­zen­trier­tes Arbei­ten und ande­rer­seits eine gute Zeit — auch geistlich.

Ruhe und Achtsamkeit

Als moder­ne Men­schen ren­nen und lau­fen wir. Unse­re Mobi­li­tät ist gefragt, immer schnel­ler muss alles gehen. Neu­lich sah ich eine Wer­bung von Manu­fac­tum, die­sem Han­del für Pro­duk­te, die man­chen Freu­de machen. Die wer­ben mit »Es gibt sie noch, die guten Din­ge…« — Klar, die wol­len ja Din­ge ver­kau­fen. Mit etwas Ruhe kann ich sagen: Es gibt sie noch die guten Pra­xen, Kuchen zu backen, auf Film zu pho­to­gra­phie­ren und die­se anschlie­ßend zu ent­wi­ckeln. Bücher zu lesen, ger­ne auch wie­der zu lesen. Ein län­ge­res Fea­ture anzu­hö­ren oder einen Vor­trag als Pod­cast oder im Radio.

Es gibt — davon bin ich über­zeugt — in unse­rer moder­nen Zeit, ja in einer Zeit, in der es nicht mehr einen Ent­wurf gibt, der für alle passt, wes­halb wir auch von der Post­mo­der­ne spre­chen, die Mög­lich­kei­ten, von unse­rer Sei­te etwas für die Bezie­hung zu Gott zu tun. Frü­her sprach man von »geist­li­chen Übun­gen«. Alle die­se Pra­xen begin­nen mit der Ruhe und Acht­sam­keit. Eben dafür haben wir im Lock­down bzw. einer Pha­se, in der vie­le äuße­re Ablen­kun­gen weg­fal­len, die bes­ten Ausgangsbedingungen.