Was sich in den letz­ten Jahr­zehn­ten wesent­lich ver­än­dert hat, das ist, dass die Mobi­li­tät dras­tisch zuge­nom­men hat. Dem aber trägt das Ange­bot und das Den­ken in den meis­ten Gemein­den kaum Rechnung.
Die Ange­bo­te in den Gemein­den wer­den fort­ge­schrie­ben. Wir haben Grup­pen und Krei­se, die Bibel­stun­de und den Got­tes­dienst, den Kreis für die Älte­ren, die Kin­der­grup­pe usw. Dane­ben Haus­krei­se in den Stadt­tei­len, teils auch nach ande­ren Kri­te­ri­en (+/- 30 Jah­re) sortiert.

Klar, wenn ein Ange­bot über eini­ge Zeit schlecht besucht ist, wird drü­ber nach­ge­dacht, etwas zu ändern. Aber nicht kate­go­risch. Gemein­den sind aus­ge­zeich­net in der Fein­ab­stim­mung. – Die Art zu den­ken ist aber stets vom Ange­bot her, und damit recht klassisch.

Ganz anders lie­ße sich die Sache von den Men­schen her den­ken. Wir haben einen Wohn­ort (und bei Frei­kir­chen damit einen grö­ße­ren Ein­zugs­be­reich für eine Gemein­de, also recht wei­te Wege). Wir haben einen oder meh­re­re Arbeits­or­te. Wer immer mal wie­der eine Woche im Rhein­land oder im Groß­raum Stutt­gart arbei­tet, ist ein­fach in der Zeit nicht in der Gemeinde.

Schü­le­rin­nen und Schü­ler haben oft wei­te Wege mit Bus und Bahn zu ihrer Schu­le und wegen der Wege lohnt es nicht,  vor dem Sport­kurs am Nach­mit­tag nach Hau­se zu fah­ren. Immer wei­ter wer­den die Ganz­tags­an­ge­bo­te aus­ge­baut. Das wie­der­um behin­dert Kin­der­grup­pen usw. wochen­tags erheb­lich. Ande­rer­seits ermög­licht es Schü­ler­bi­bel­krei­se, Pau­sen­an­dach­ten usw. – Wenn wir mal Zeit haben, im Urlaub, dann sind wir wie­der­um weit weg. Auf dem Cam­ping­platz, am Strand, in den Ber­gen oder sonst­wo. Und da gibt es viel­leicht (und hof­fent­lich) Kir­che unter­wegs oder die Cam­ping-Kir­che mit ihren Ange­bo­ten. – Aber das ist nicht mei­ne Gemeinde…

Immer mehr Zeit ver­brin­gen wir unter­wegs. – Man­che haben ent­deckt, dass man die Auto- oder Zug­fahrt mit (auch christ­li­chen) Pod­casts gut fül­len kann. – Für die Tra­di­tio­nel­le­ren gibt es bei DAB+ den Evangeliumsrundfunk.

Wenn Gemein­den begin­nen, von den Ein­zel­nen und deren Lebens­pra­xen her zu den­ken, dann kommt alles auf den Prüf­stand. Kei­ne Angst: Gro­ße Erwe­ckun­gen gin­gen stets auch mit neu­en Struk­tu­ren einher.

Selbst­ver­ständ­lich ist es nicht mög­lich, für 230 Mit­glie­der einer Frei­kir­che je ein­zeln zu fra­gen: Wo passt da etwas. – Sehr wohl mög­lich ist es aber, die vie­len Ein­zel­nen in Grup­pen bzw. Typen zu sor­tie­ren. Denn es gibt ja Ähn­lich­kei­ten in den Lebens­rhyth­men. Sicher wer­den am Ende eini­ge weni­ge durch alle Ras­ter und Sche­ma­ta fal­len. Aber das wer­den weni­ger sein als es jetzt sind.

Wenn wir also die Lis­te unse­rer Gemein­de­glie­der durch­ge­hen, dann ist der Vor­teil einer Frei­kir­che, dass wir von­ein­an­der wis­sen. Oder wir kön­nen mit ver­tret­ba­rem Auf­wand nach­fra­gen. In Groß­kir­chen wird die Typi­sie­rung grö­ber aus­fal­len müs­sen, der Nutz­wert ist den­noch groß, denn es wer­den ande­re, eher die Son­der­fäl­le, durch das neue Ras­ter fal­len. Die Mehr­zahl wird, wenn man von den Rhyth­men des Lebens der Ein­zel­nen her denkt, bes­ser erfasst.

Dann muss das dann eben neue Ange­bot der Gemein­de neu auf die Men­schen aus­ge­rich­tet wer­den. Mög­li­cher­wei­se wird dann die Bibel­stun­de oder der Sonn­tags­got­tes­dienst eben nicht mehr das Zen­trum sein (kön­nen), weil sie unge­eig­net sind, eine nen­nens­wer­te Zahl der Men­schen errei­chen zu kön­nen. Das gilt ja nicht allein für die, die da sind, die sich zur Gemein­de zäh­len, son­dern es gilt in ähn­li­cher Wei­se für vie­le ande­re, die in ähn­li­chen Struk­tu­ren und Rhyth­men leben. Wie soll denn der, der von der Fir­ma nach Süd­deutsch­land geschickt wird, und auf den Fahr­ten mit dem Kol­le­gen auch über sei­nen Glau­ben spricht, die­sen Kol­le­gen mit­brin­gen, wenn nicht zu einem pas­sen­den Angebot?

Das gilt eben­so für die Schü­ler, die im Schul­or­ches­ter oder auf dem Pro­ben­wo­chen­en­de über den Glau­ben ins Gespräch kom­men: Gemein­de muss pas­sen, dass man Men­schen mit­bringt. Ob das, wohin man geht, dann eine Jugend­grup­pe, ein Got­tes­dienst oder ein Som­mer­treff im Gar­ten mit Sin­gen und Gemein­schaft ist: Das kommt dar­auf an. Auch völ­lig neue For­ma­te sind denk­bar. Haupt­sa­che ist, dass es Arten und Wei­sen sind, wie wir heu­te als Chris­ten­men­schen in der Nach­fol­ge leben können.

Old Eco­no­my war: Wir haben da ein Ange­bot. – Das Neue ist: Wir haben Men­schen im Blick, und fra­gen sie, was sie brau­chen und möch­ten, um in ihrer jewei­li­gen Situa­ti­on bes­se­re Nach­fol­ge­rin­nen und Nach­fol­ger Chris­ti wer­den zu können.

Die Fra­ge ist: Trau­en sich die, die am Ruder sind, so zu rudern, den Kurs zu ändern? Oder machen sie lie­ber wei­ter wie bis­her, auch dann, wenn das Boot gegen eine Mau­er treibt?