Das fragen mich immer wieder unterschiedliche Menschen. Warum denn noch etwas, wenn es bei Youtube und auf Blogs schon vieles gibt? Ja, es gibt viel. Das deckt sich mit meiner Wahrnehmung. Das meiste beginnt bei der Feststellung, dass Kirchen und Gemeinden, vielleicht auch der Glaube insgesamt, in einer Krise stecke. – Und es folgt, woran das liege: An moderner Theologie, an mangelndem Vertrauen zur biblischen Botschaft… Kurz gesagt: Es liegt an uns, und der Gedanke vom »Rest« (wie bei der nach-exilischen Prophetie) greift Raum: Wir sind die Frommen, die, die sich nicht von Gott abwenden, weil wir z.B. am Bekenntnis festhalten, weil wir die historisch-kritische Methode als »Teufelswerk« erkannt haben usw.
Allen, die das so denken, kann ich gratulieren. In dieser Richtung denken viele – übrigens auch Gemeinden. Ihr könnt euch aussuchen, wo Ihr andockt, im richtigen Leben und auch im Internet. Für rund 90 % aller Frommen passt das möglicherweise. Die dürfen sich freuen. Sie haben keinen Mangel. Ich möchte euch nicht davon überzeugen, dass eure Sicht falsch wäre. Wenn sie für euch passt: Prima. — So postmodern bin ich. 😉
Für die übrigen 10 % aber, für die es keinen Weg zurück zu einem vor-aufgeklärten Glauben gibt, die aber das Kind eben nicht mit dem Bade ausschütten möchten, für die ist diese Website gemacht und alles, was damit zusammenhängt.
In der Beschreibung der Lage, dass nämlich zunehmend weniger Menschen mit Gott in Kontakt kommen, sind wir uns alle einig. Bei den angenommenen Ursachen dafür aber beginnen die Unterschiede. Stets ist es einfacher, etwas, das vorfindlich ist, auf Ursachen zurückzuführen, als etwas, das nicht da ist; für letztes kommt fast alles als Ursache in Frage. Wenn also eine Gemeinde funktioniert, dann lässt sich oft sagen, was sie richtig macht. – Zumindest für die, die sie erreicht. Gott ist dabei ein wichtiger Faktor: Er kommt vor. Er ist das Proprium, das Spezifische, das diese Gemeinde von einem Verein oder einer Volkshochschule unterscheidet.
Viele Gemeinde bemühen sich, alle anzusprechen, und so erreichen sie niemanden. Wer aber die eigene Nische zu eng wählt, begrenzt das Wachstum bereits im Vorfeld.
Wenn das zutreffen sollte, dann muss ein Angebot, eine Form, … stets für jemanden passen. Definiert aber auch die Grenzen. Ein liturgischer Gottesdienst ist nicht barrierefrei. Ein lauter Gottesdienst mit Musik unter allem, der grenzt etwa Hörgeräteträger aus. Und so weiter.
Dass es den meisten weniger um Theologie geht, sondern mehr ums Christ-Sein, zeigt sich daran, dass die meisten neuen Gemeinden oder christlichen Gruppen sich als nach-konfessionell verstehen. Selbst sagten sie: »Uns geht es um Gott…«, aber das meint dasselbe. Damit geht es eben nicht um eine im Detail geklärte Abendmahlstheologie, über die sich Lutheraner und Reformierte ausführlich streiten können.
Alle geben die Bibel als Grundlage an, aber spätestens bei der Auslegung gibt es hermeneutisch-methodische Unterschiede: Was ist eine zulässige Auslegung? Was macht die »Mitte der Schrift« aus? Oft wird das nicht definiert, es ist mehr vorfindlich, damit ungeklärt und so, wie der Pastor oder die Gemeindeleitung es eben machen, weil sie es selbst so kennengelernt haben. – Gleichsam mystische »mündliche Tora«.
Wir haben also zwei Gruppen von Unerreichten:
- Die Heiden, die entweder nie mit dem Glauben in Kontakt kamen oder für die das kein Lebensmodell ist. Das sind auf die gesamte Gesellschaft gerechnet die meisten.
- Außerdem die, die mit Gott sehr wohl zu tun haben, die aber oft an Gemeinden und christlichen Gruppen scheitern, weil sie sich deplatziert fühlen.
Die erste Gruppe gilt es zu erreichen mit dem Evangelium. – Die zweite ist es, an die sich diese Seite richtet. Es gibt so etwas wie eine temporäre Schnittmenge: Das sind die, die (noch) glauben, aber im Begriff stehen, sich zu entkehren, also den Glauben zu verlieren. Ein größeres Thema gerade bei jungen Erwachsenen, die möglicherweise einen frommen Hintergrund mitbringen, aber merken, dass die alten Schuhe nicht recht passen. Und die noch keine neuen gefunden haben.
All denen gilt:
- Es liegt nicht an dir. Weder daran, dass du zu kritisch fragtest, noch daran, dass du so »merkwürdig« bist und also in keine Gruppe passtest. – Vielmehr müssen wir viel mehr und gründlicher fragen!
- Es liegt auch nicht an den anderen, denn die meinen es (in der Regel) gut, sie haben bloß keine Rezepte, die für dich und deine Bedürfnisse und deinen Geschmack passen würden.
- Gemeinden, Gruppen, Kreise müssen sich definieren, das aber heißt: Es gibt eine Grenze. Man kann aus dieser Grenze hinauswachsen.
- Der Unterschied zwischen Gemeinden, Gruppen und Kreisen einerseits und Gott andererseits ist, dass es für ihn keine Begrenzungen gibt. – Es geht also, Christ zu sein, auch dann, wenn Du in Gemeinde oder Gruppe nicht passt. Das muss nur anders gelebt und organisiert werden.
- Früher hatten wir eine etablierte Infrastruktur: Kabel zu jedem Telefon. Heute haben wir ad-hoc-Netzwerke. Warum aber haben wir Smartphones aber noch immer Gemeinden, statt christlicher ad-hoc-Netzwerke. Ökumenisch, überkonfessionell, projektbezogen? Klar, das gibt es seit einigen Jahren auch, aber es ist eher die Ausnahme.
An die Menschen, die sich entweder in der christlichen Community fehl am Platze fühlen oder gar davor stehen, sich vom Glauben abzuwenden, weil Gemeinschaft fehlt, an die richtet sich diese Seite und alles, was damit zusammenhängt.
Das sind vielleicht 10 % der Frommen, es sind aber gerade die, die gebraucht werden: Denn einen Weg zurück in ein vor-modernes Denken wird die Gesamtgesellschaft nicht mitmachen. Wenn also in die Gesellschaft hinein und zu den Menschen das Evangelium kommen soll, und zwar gerade auch zu denen, die denkerisch eher vorneweg sind, dann braucht es die, die den Eindruck haben, dass sie aus den traditionellen Glaubens-Schuhen herausgewachsen sind. Mit beiden Füßen auf dem Boden des Evangeliums, aber deshalb nicht abgehoben. Kurz gesagt: Es braucht dich und mich.
Die 90 % traditionellen Frommen braucht es auch. Aber: Für die sind andere Angebote gemacht. Da gibt es bereits reichlich.
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