Eine eigent­lich ein­fa­che Fra­ge: War­um kann man nur einer Kir­che ange­hö­ren? Wir sind doch inzwi­schen so weit, dass es bloß einen Umzug braucht, um vom Luthe­ra­ner zum Unier­ten zu wer­den. Wir sind auch so weit, dass etli­che Kir­chen nach der Leu­en­ber­ger Kon­kor­die ein­an­der vol­le Kan­zel- und Abend­mahls­ge­mein­schaft zuge­ste­hen. Sie emp­fin­den also die Unter­schie­de zwi­schen den Kir­chen nicht mehr als tren­nend. 

Bloß sind die prak­ti­schen kir­chen­recht­li­chen Regeln noch nicht so weit. Klar, man gesteht ein­an­der zwi­schen vie­len Frei­kir­chen die »Über­wei­sung« zu, kann also ver­hält­nis­mä­ßig unpro­ble­ma­tisch von einer Frei­kir­che in eine ande­re wech­seln. 

War­um aber haben wir inzwi­schen die dop­pel­te Staats­an­ge­hö­rig­keit, aber nicht die dop­pel­te oder gar mehr­fa­che kirch­li­che Mitgliedschaft?

Klingt nach einem eher theo­re­ti­schen Pro­blem? – Ist es kei­nes­falls. Als ich beschlos­sen habe, oder »mich beru­fen fand«, Metho­dist zu wer­den, wäre ich durch­aus in der Lan­des­kir­che ver­blie­ben. Ja, an der Kir­chen­steu­er hät­te es nicht gehan­gen. 

Wohl aber dar­an, dass ich lie­ber aus­ge­tre­ten bin, ein­schließ­lich der Kos­ten einer stan­des­amt­li­chen Aus­tritts­be­schei­ni­gung, als vom Wohl und Wehe der lan­des­kirch­li­chen Müh­len abhän­gig zu sein, die eben kei­ne dop­pel­te Mit­glied­schaft erlau­ben. Lei­der, wie ich beto­ne. 

Auch sonst sehe ich nicht, war­um kei­ne Mehr­fach­mit­glied­schaft mög­lich sein soll­te, wenn es gera­de bei den »nach-kon­fes­sio­nel­len« Gemein­den nicht an den Details der Abend­mahls­theo­lo­gie hängt oder der­glei­chen, son­dern an der Art und Wei­se, wie in einer Gemein­de Gott gelobt wird… Indi­vi­du­ell sind das kei­nes­wegs unwich­ti­ge Details, aber eben auch sol­che, die m.E. kei­ne dop­pel­te Mit­glied­schaft aus­schlie­ßen. 

Viel­leicht täte es den gro­ßen Kir­chen gut, über die­se Mög­lich­kei­ten nach­zu­den­ken. Ich den­ke, dass das auch für die Öku­me­ne ein opti­mier­ter Aus­gangs­punkt sein müss­te, Men­schen zu haben, die bei­den Gemein­den ange­hö­ren. 

Ande­re wer­den mög­li­cher­wei­se zeit­le­bens Gäs­te blei­ben, weil sie etwas gegen sta­ti­sche Bekennt­nis­se haben. Sie brin­gen sich mit ihren Gaben und sons­ti­gen Mög­lich­kei­ten, gern auch mit ihrem Geld ein. Aber: Sie scheu­en es, Glied einer Gemein­de oder Kir­che zu wer­den. Sicher ist es schwie­rig, sie für bestimm­te Ämter zu bit­ten. Für die meis­ten Funk­tio­nen aber wäre wohl auch so jemand gut geeig­net, obwohl for­mal nir­gends zuge­hö­rig, in kei­ner Glie­der­lis­te oder Kartei.

Kurz: Die Ver­hält­nis­se sind nicht mehr so klar und ein­fach, wie sie das mög­li­cher­wei­se frü­her ein­mal waren. Bloß ist gleich geblie­ben, dass die kirch­li­chen Struk­tu­ren kaum auf die Ände­run­gen der Zeit, ins­be­son­de­re die post­mo­der­nen, vor­be­rei­tet sind. – Ich fürch­te, dass es län­ger dau­ern kann, einen ganz neu­en gra­du­el­len Mit­glieds­be­griff zu eta­blie­ren. Klar: Tau­fe darf sein. Mir ist sie wich­tig. – Zuneh­mend bin ich aber weni­ger sicher dar­in, wie wich­tig es Gott ist, dass Chris­ten getauft wer­den. 

In der metho­dis­ti­schen Tra­di­ti­on ist bei Men­schen ab 14 Jah­ren die Tau­fe zugleich die Glie­der­auf­nah­me. Aber wir tau­fen auch Kin­der, wobei die Tau­fe eine Zusa­ge der vor­aus­ei­len­den Gna­de Got­tes ist, der hof­fent­lich bei Zei­ten spä­ter das Bekennt­nis des Getauf­ten folgt. So ist Glie­der­auf­nah­me und Tau­fe dann bei­des voll­zo­gen. 

Wie aber ist das, wenn z.B. auf die Tau­fe zwar Glau­be folgt, aber kei­ne for­ma­le Glie­der­auf­nah­me? Geht der Chris­ten­men­schen dann dank kirch­li­chen Ver­ständ­nis­ses weni­ger auf Got­tes Wegen? Ist mög­li­cher­wei­se durch die­ses mensch­li­che Unter­las­sen das Heil gefähr­det? 

Das klingt tri­vi­al, aber es ist dies kei­nes­wegs. – In Sachen dop­pel­ter Staats­an­ge­hö­rig­keit war die Aus­nah­me für Juden, die vom israe­li­schen Staat die Staats­an­ge­hö­rig­keit ange­tra­gen beka­men, der Anlass, das gesam­te Sys­tem ein­mal zu über­ar­bei­ten, weil es fak­tisch vie­le Men­schen gab, die einst als »Gast­ar­bei­ter« gekom­men waren, inzwi­schen hier aber kei­nes­wegs Gäs­te waren, son­dern Bür­ge­rin­nen und Bür­ger. Ande­rer­seits woll­ten vie­le die­ser kul­tu­rell anders ver­wur­zel­ten ihre Ursprungs-Staats­bür­ger­schaft nicht auf­ge­ben bzw. konn­ten dies nicht, weil das in ihren Ursprungs­län­dern (oder denen der Eltern) nicht vor­ge­se­hen ist. 

Wir haben in den Kir­chen eine höhe­re Wech­sel­be­reit­schaft. Wer hier klam­mert, weil eben z.B. staat­li­cher­seits für einen Aus­tritt eine Gebühr ver­langt wird, soll­te m.E. die­se Kos­ten erstat­ten. Denn einer Kir­che gehört nie­mand zwangs­wei­se an. Gera­de bei denen, die sehr wenig haben, ist etwa im Sozi­al­hil­fe­satz kein Kir­chen­aus­tritt vor­ge­se­hen und müss­te vom Exis­tenz­mi­ni­mum anders­wo abge­spart wer­den. 

Schwie­rig­kei­ten sehe ich bloß da, wo Kir­chen sich auf ein kla­res Bekennt­nis beru­fen, das einem ande­ren mög­li­cher­wei­se wider­spricht. Hier ist ver­mut­lich eine Ent­schei­dung für die eine oder ande­re Kir­che bzw. Gemein­de unver­meid­lich, denn bei­des geht ver­mut­lich nicht. 

Das wäre also etwa bei SELK und Pfingst­ge­mein­den der Fall. – Da aber Bekennt­nis­se in der Gegen­wart kaum das Kri­te­ri­um für die Kir­chen- oder Gemein­de­wahl sind, wird die­ses The­ma zuneh­mend weni­ger tren­nend. Die meis­ten ver­ste­hen sich zuerst als Chris­ten­men­schen. Erst in zwei­ter Hin­sicht – und das hat oft mit den ande­ren in einer Gemein­de oder Kir­che zu tun – Luthe­ra­ner, Metho­dis­ten, Bap­tis­ten o.ä. Hier aber trennt das Bekennt­nis kaum mehr, denn die Zuge­hö­ri­gen ken­nen kaum ihr eige­nes Bekennt­nis bzw. das ihrer Kir­che. Hier nun wäre ein Dop­pel­pass m.E. eine Lösung bzw. ein Schritt vor­an. Die Men­schen sor­tie­ren sich dort­hin, wo sie sich gemeind­lich wohl­füh­len. Das liegt an der Pre­digt, an der Musik, an der Form und sicher auch an den ande­ren in einer Gemein­de. 

Wenn sich die Men­schen sor­tiert haben, dann ergibt sich die Fra­ge der Mit­glied­schaft bzw. die Ant­wort auf die Fra­ge, wo jemand zuge­hö­rig ist, ganz von selbst. – Hier hilft Fle­xi­bi­li­tät im Mit­glied­schafts­be­griff allen Betei­lig­ten.